In seiner Sitzung am 28. April 2020 hat der Haupt und Finanzausschuss der Stadt Michelstadt Mittel in Höhe von 6,6 Millionen € für den Neubau der Kita am Stadthaus (Rudolf-Marburg-Straße) freigegeben. Die einstimmige Entscheidung wurde aufgrund des Corona-Risikos in einer nicht-öffentlichen Telefonkonferenz getroffen. Mit der Umsetzung der Planungen kann nun begonnen werden, auch wenn der Beschluss noch von der Stadtverordnetenversammlung bestätigt werden muss.
Kitas sollen Zentren für Familien sein, dort wächst die Stadtgesellschaft von morgen heran
Damit rückt die Umsetzung des von der ÜWG bereits in der letzten Wahlperiode als Ersatzbau für die Kita Bienenschwarm angeregten Projektes einen weiteren Schritt näher. Wegen des deutlich gestiegenen Bedarfs an Kitaplätzen soll das Gebäude der Kita Bienenschwarm nun jedoch weiter genutzt werden, auch entstehen aktuell an anderer Stelle (Kita am Campus, Stockheim, Kita Senfkorn in der Zellerstraße) zusätzliche Betreuungsplätze. Der Kita-Neubau wird Platz für sechs Gruppen bieten, davon zwei für Unter-Dreijährige.
Die ÜWG hätte den baulich einfacheren Standort auf dem ehemaligen „Bolzplatz“ gegenüber der katholischen Kirche bevorzugt, die SPD-CDU-Koalition entschied sich jedoch für den Standort in Hanglage, der eine aufwendigere Bebauung erfordert. Auch sieht die ÜWG in einem sechsgruppigen Kindergarten die Gefahr eines anonymen Großbetriebes, was dem Wunsch nach Förderung des Miteinanders und der Integration der Familien zuwiderläuft. Kitas sind die Orte, an denen sich Kinder und Familien kennenlernen und in denen die Stadtgesellschaft von morgen wächst. Deshalb begrüßt es die ÜWG ausdrücklich, wenn Kitas als Zentren für Familien begriffen werden. Die Angliederung eines Familienzentrums mit Besprechungsraum, Kaffeeküche und Büro ist ein guter Schritt in diese Richtung.
Entwicklung der Projektkosten kritisch, Schätzung inzwischen bei mindestens 6,8 Millionen Euro
Schon lange betrachtet die ÜWG die Entwicklung der Projektkosten kritisch. Zu Beginn der Bauplanung im Jahre 2016 wurden die Kosten für Bau und Außengelände noch auf rund 3 Millionen Euro geschätzt. Dies bezog sich allerdings auf den Standort an der kath. Kirche. Der erst im Februar beschlossene städtische Haushalt stellt 6 Millionen € in den Jahren 2020 und 2021 für das Projekt zur Verfügung. Die jetzt vorgelegte Berechnung beziffert die Kosten auf 6,6 Millionen. Enthalten ist darin ein Lagerraum für das städtische Archiv (ca. 270.000 €), nicht enthalten ist ein Ausbau des historischen Badehauses, das lediglich Gebäudehülle ist und künftig Teil des Kita-Außengeländes sein wird. Auch die Kosten des Erwerbs des Grundstücks von den Stadtwerken (ca. 300.000 Euro) sind nicht enthalten.
Der Betrag von 6,6 Millionen Euro ist bereits das Ergebnis umfangreicher Kürzungen. Einsparungen sollen vor allem dadurch erzielt werden, dass die Beschaffung der Ausstattung und die Gestaltung des Außengeländes in Eigenregie erfolgen. Bei der Erläuterung im Ausschuss zeigte sich, dass im Projekt zusätzlich zu den 6,6 Millionen mindestens weitere 200.000 Euro für das Außengelände und Parkplätze an der Kita notwendig sind. Damit liegt die Kostenschätzung für das Projekt nun bei mindestens 6,8 Millionen Euro.
Kostenwahrheit und Kostenklarheit sind gefordert
Die ÜWG hält es für dringend geboten, die tatsächlichen Kosten des Projektes laufend vollständig und transparent zu verfolgen. Sie befürchtet, dass sich die gekürzten Kostenansätze im weiteren Projektverlauf als trügerische Hoffnungen erweisen. Kostenwahrheit und Kostenklarheit sind gefordert.
Finanzierung des Projektes nach Möglichkeit ohne Kreditaufnahme
Dank der aktuell guten finanziellen Situation der Stadt Michelstadt soll das Projekt möglichst ohne Kreditaufnahme finanziert werden. Die Finanzierung soll vorrangig aus laufenden Mitteln und den Mitteln der Hessenkasse (4,4 Millionen Euro) erfolgen. Angesichts von Kreditzinsen nahe Null Prozent so jedoch keine nennenswerte Ersparnis erzielt werden. Zudem erhofft sich die Stadt einen Zuschuss von 1 Million Euro aus Fördermitteln des Landes Hessen. Aus rechtlichen Gründen muss die Fördermittelzusage abgewartet werden, bevor der Baubeginn erfolgen kann. Rechtlich geklärt werden muss auch noch, ob die erhofften Kitabau-Fördermittel und die Mittel aus der Hessenkasse für dasselbe Projekt eingesetzt werden dürfen.
Sinkende Einnahmen wegen der Coronakrise gefährden Kita-Neubau soweit absehbar nicht
Wegen der Coronakrise muss die Stadt Michelstadt mit deutlich sinkenden Einnahmen rechnen. Derzeit wird allein für das laufende Jahr ein Gewerbesteuerausfall von rund 1 Million € erwartet, mit steigender Tendenz. Dies gefährdet den Kita-Neubau nicht, soweit dies heute absehbar ist.
Die finanziellen Folgen der Coronakrise werden in den kommenden Jahren jedoch möglicherweise dazu führen, dass andere Investitionsprojekte der Stadt zugunsten der Fertigstellung des Kita-Neubaus zurückgestellt werden müssen. Dies unterstreicht die Bedeutung der von der ÜWG angemahnten vollständigen und fortlaufenden Kostenkontrolle.